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NZ-Online, Sat Oct 22 00:00:00 CEST 2005

"Schluss mit der Verzagtheit"

Von Dietmar Wittmann

Begeisterte Reaktionen auf die Kampagne "Du bist Deutschland"

Ex-Bundespräsident Roman Herzog hat mit seiner "Ruck-Rede" zumindest eine vorübergehende Diskussion in der bundesdeutschen Gesellschaft angestoßen. Wo Herzog längerfristig erfolglos bleiben musste, setzt jetzt eine bundesweite Medienkampagne an, die es in wenigen Wochen geschafft hat, Millionen emotional zu bewegen. Im Fernsehen, im Internet, im Kino, in Tageszeitungen, in Zeitschriften und auf Plakaten suggeriert sie flächendeckend Aufbruchstimmung mit dem Slogan, der schon zu einem Begriff geworden ist: "Du bist Deutschland."

NÜRNBERG - Die Münchnerin Doris S. zeigte sich im Internet von der "tollen" Aufbruch-Aktion tief berührt. "Ich könnte jedes Mal weinen, wenn ich den Spot sehe", schrieb sie. "Er bewegt mich." Andere sprachen Glückwünsche zur "Rückbesinnung in Deutschland" aus oder äußerten Genugtuung: "Endlich geht mal jemand einen Schritt nach vorn und löst sich aus der Jammerkultur."

Gerhard S. aus Magdeburg, einer der mehr als 3000 Überzeugten, die sich in der Internet-Galerie der Kampagne mit Foto und Text zur Idee des "Du bist Deutschland" bekannten, dachte im Gleichklang mit ihnen. "Es wurde Zeit", forderte er, "dass wir aus dem lähmenden Gefühl der 'German Angst' hinauskommen." Eine junge Frau entdeckte Gefühle, die sie zuvor noch nie hatte. "Zu Hause", bekannte sie, "war für mich noch nie ein Ort, sondern ein Gefühl in meiner Brust. Nun ist es auch ein Ort. Danke!"

So viel Deutschland war selten. Roman Herzog hat einen "Konvent für Deutschland" eingerichtet, Industrie und Bundesregierung gründeten einen Fanclub "Deutschland 06", der das Image der Republik zur Fußball-WM verbessern soll. Doch eine derartige Kampagne, die nicht an Eliten, sondern erstmals an die breite Masse der deutschen Bürger gerichtet ist, eine Aktion, die so emotional und auch provokativ ist, hat es bislang nicht gegeben.

Philip Jessen, der feinfühlige Texter, der auch Buchautor ist, fand für seinen TV-Spot Worte, mit denen sich viele spontan identifizieren konnten. 31 ausgewählte Protagonisten, Prominente von Jauch bis Kerner, von Wickert bis Kahn, dazwischen gemischt aber auch "Normalbürger", versuchen in den TV-Spots Mut zum Aufbruch aus lähmender Resignation zu machen.

Für eine "Zeit, die nicht nach Zuckerwatte schmeckt", hat Jessen fast poetische Sätze gefunden, die mit der Aufforderung enden: "Schlag mit den Flügeln und reiß Bäume aus. Du bist die Flügel, Du bist der Baum. Du bist Deutschland."

Für den Psychologen und Werbeforscher Uli Gleich von der Universität Landau ist die Kampagne "sehr gut" gemacht, die multimediale Umsetzung sei "hervorragend gelungen". Werbepsychologisch könne sie - ein wenig irritierend, wie sie ist, und mit der versteckten Forderung dahinter, sich mit dem "Du bist Deutschland" ernsthaft auseinanderzusetzen - sofort Aufmerksamkeit erregen. Gleich zur NZ: "Die Leute verzweifeln nicht daran, die Botschaft zu entschlüsseln; sie verstehen sie auf Anhieb."

Hinter der spektakulären Aktion, die als "größte soziale Marketing-Kampagne in der deutschen Mediengeschichte" verkauft wird, stehen 25 deutsche Medienunternehmen, die ein Mediavolumen im Wert von mehr als 30 Millionen Euro unentgeltlich zur Verfügung stellen. Bernd Bauer, Leiter der Kampagne, nennt als Ziel: "Wir wollen endlich einen Aufbruch in Deutschland erreichen."

Bernd Kundrun, Vorsitzender des Vorstands des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr, spricht von einem "einmaligen Schulterschluss", mit dem man einen Bewusstseinswandel für mehr Selbstvertrauen und Motivation anstoßen wolle. Der Leiter des ZDF-Hauptstadtbüros Berlin, Peter Frey, will "jeden Einzelnen daran erinnern, dass sein Beitrag für dieses Land wichtig ist". Frey: "Wir müssen Schluss machen mit Unsicherheit und Verzagtheit."

Marco und Niels aus Büttelbronn haben die Botschaft bereits verinnerlicht. "Wir haben die Schule hinter uns", lassen sie mit dem geforderten Selbstvertrauen wissen. "Jetzt bringen wir Deutschland nach vorn." Sie gehören zu denen, die den Leiter des Kampagnenbüros, LarsChristian Cords, dazu bewegen, von einem "völlig überwältigenden Interesse" an der Kampagne zu sprechen.

Schon nach der Ausstrahlung des ersten Fernsehspots habe es im Internet pro Sekunde rund 20 000 Zugriffe geben, in der ersten Stunde habe sich die Zahl auf eine Million erhöht. Im Moment, etwa drei Wochen nach Beginn der Kampagne, die noch bis Januar 2006 dauert, gehen immer noch zahlreiche Anrufe von Unternehmen ein, die starkes Interesse an der Aktion hätten und sie begleiten wollten. Briefe an die "Top 1000" der deutschen Unternehmen mit der Bitte um Teilnahme seien unterwegs. Cords zur NZ: "Dazu kommen noch tausende von Anrufen und Mails von Privatpersonen, von denen der überwältigende Teil positiv eingestellt ist."

Doch auch Kritik an der "Eitel-Sonnenschein-Kampagne" (so ein Arbeitsloser im Internet) ist spürbar. Wer zu den Hartz-IV-Opfern oder zu der zunehmenden Zahl derjenigen gehört, die in Armut leben müssen, kann mit der verordneten Aufbruchstimmung wenig anfangen. Die Kampagnenmacher wissen das natürlich. Cords: "Das ist ein unheimlich schmaler Grat. Wir wollen doch nicht den Vorwurf auslösen, die Arbeitslosen hätten selbst Schuld an ihrem Schicksal."

Die Kampagne sei aber an "80 Millionen Deutsche" gerichtet, gibt Cords den Kritikern zu bedenken. Letzten Endes auch an die, die sich benachteiligt fühlten und dennoch ein "wichtiger Bestandteil der Gesellschaft" seien. Cords appelliert an sie, ebenfalls ihren ganz persönlichen Beitrag im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu leisten: "Habt die Kraft und den Mut, trotzdem anzupacken und das Leben mitzugestalten."

Der Leiter des Kampagnenbüros denkt an Hilfsinitiativen vor Ort, an ehrenamtliche Tätigkeiten, an Kreativität in Elternverbänden und Schulen. Nicht bei allen, die glaubten, keine Chancen mehr zu haben, sei dies tatsächlich so, glaubt auch Gleich. Der Psychologe: "Bei vielen stimmt das nicht. Das spielt sich oft nur im Kopf ab."

Was kann die Kampagne in der frustrierten Republik bewirken? Kann sie nachhaltig sein? Sie werde sicher nicht "die ökonomischen Grunddaten aus den Angeln reißen und das Wirtschaftswachstum plötzlich anschieben", sagt Cords. Doch wenn sich an der pessimistischen Grundhaltung der Deutschen etwas ändere, vielleicht sogar nachhaltig, sei schon viel erreicht.

Einen "großen Aufbruch" durch die "Du bist Deutschland"-Kampagne zu prophezeien, so weit will auch der Landauer Werbepsychologe nicht gehen. Dies könne nur durch politische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Kampagne könne ein Puzzleteil in allen Maßnahmen sein, "die dazu führen, dass es wieder nach oben geht".

Copyright © 2005 Nürnberger Zeitung

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